Im Dienstvertrag eines Arbeitnehmers war zum Thema „Aus- und Fortbildungsaufwand“ geregelt, dass die vom Dienstgeber getragenen
Aus- und Fortbildungskosten gemäß der Bestimmungen des anzuwendenden Kollektivvertrages vom
Dienstnehmer zu refundieren sind.
In den Vereinbarungen über die entsprechenden Ausbildungen war
geregelt:
„Der Besuch und die Teilnahme der oben angeführten
Bildungsveranstaltung wurden einvernehmlich vereinbart. Der Mitarbeiter
verpflichtet sich zum regelmäßigen Besuch der Veranstaltung. Die Verpflichtung
des Dienstnehmers zur Rückzahlung der Kosten zuzüglich Umsatzsteuer wird
hiermit nochmals ausdrücklich vereinbart.“
Eine ausdrückliche Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und
Arbeitgeber zur Rückverrechnung über fünf Jahre lag nicht vor.
Der Kollektivvertrag sah vor: „Im Falle ihres Ausscheidens
durch Selbstkündigung, einvernehmliche Lösung, vorzeitigen unberechtigten
Austritt oder gerechtfertigte Entlassung (§ 27 AngG) haben Dienstnehmer die vom
Dienstgeber zur Aus- und Fortbildung aufgewendeten Kosten nach Maßgabe der
folgenden Bestimmungen rückzuerstatten:
a) Die Kosten sind zwischen Dienstgeber und Angestellten im
Vorhinein schriftlich festzulegen. Dabei ist auch Übereinstimmung über den
Veranstalter zu erzielen.
b) Die Aus- und Fortbildung muss vom Angestellten freiwillig
erfolgen.
c) Die vermittelten Kenntnisse dürfen nicht nur
betriebsbezogen Verwendung finden können.
d) Die Rückverrechnung kann für höchstens 5 Jahre erfolgen
und mindert sich pro Jahr um mindestens 20 %.“
Vor Gericht war strittig, ob durch den Verweis auf die
kollektivvertragliche Regelung eine Vereinbarung über die Bindungsdauer und
damit auch die Aliquotierung getroffen wurde.
Der Oberste Gerichtshof führt dazu aus, dass die
gegenständliche Kollektivvertragsbestimmung lediglich als Rahmen für eine noch
konkret abzuschließende Vereinbarung über die Bindungsdauer zu sehen ist. Der
Kollektivvertrag legt nur fest, dass eine Rückverrechnung für höchstens fünf
Jahre erfolgen kann und sich die Rückzahlungspflicht in diesem Fall um
mindestens 20 % pro Jahr vermindert.
Diese Bestimmung würde es den Parteien ermöglichen, im
Rahmen der gesetzlichen und kollektivvertraglichen Mindestvorgaben, eine höhere
Minderung des Rückersatzanspruches zu
vereinbaren.
Im zu entscheidenden Fall fehlte eine solche konkrete
Vereinbarung aber. Weiters betonter der OGH, dass die schriftliche Vereinbarung
über den Ausbildungskostenrückersatz auch eine formelle Qualität aufweisen
muss, ohne die keine Verpflichtung zum Rückersatz besteht.
Konsequenzen für die Praxis
Die vorliegende Entscheidung wird in der Praxis von
überragender Bedeutung sein.
Die Kollektivverträge legen grundsätzlich immer nur einen
Höchstrahmen für die Bindungsdauer und die Aliquotierung fest. Daher sind zahlreiche
bestehende Vereinbarungen von Rechtsunwirksamkeit bedroht. In all den Fällen,
in denen eine Vereinbarung zum Ausbildungskostenrückersatz keine
Aliquotierungsregel enthält, sondern auf den Kollektivvertrag verweist, führt
dies grundsätzlich zur Unwirksamkeit der gesamten Vereinbarung.
Für zukünftige Vereinbarungen über Ausbildungskostenrückersätze sollten jedenfalls
folgende Punkte beachtet werden:
1.) Schriftliche Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer
und Arbeitgeber über eine konkrete Aus- und Weiterbildungsbildungsmaßnahme 2.) Abschluss der schriftlichen Rückzahlungsvereinbarung jedenfalls noch vor der „Buchung“ der Ausbildung, allenfalls Einräumung einer kurzen Überlegungsfrist für den Mitarbeiter
3.) Angabe der exakten Höhe der aufgeschlüsselten Kosten
4.) Vereinbarung der Bindungsdauer nach Abschluss der Ausbildung (maximal fünf Jahre)
5.) mindestens jährliche Aliquotierung
Sämtliche angeführten Punkte müssen in der Vereinbarung
selbst enthalten sein (keine Verweise auf andere Bestimmungen)
Wenn diese Voraussetzungen nicht vorliegen, ist die
Rückzahlungsvereinbarung zur Gänze ungültig! Der Arbeitnehmer muss keine Ausbildungskosten zurückzahlen!
Mag. Dr. Gerwin Kürzl, Fiduzia Steuerberatungs GmbH